30.7.05

Rad ab

Dass ehemalige Minister der Bundesrepublik manchmal nicht alle Tassen im Schrank haben, ist bekannt. Aber was ist von einem Ex-Justiz- und Ex-Außenminister zu halten, der weder gedanklich noch sprachlich im Stande ist, einen Sachverhalt ordentlich zu kommunizieren? Klaus Kinkel über Holger Pfahls: Der sei nur ein "ausführendes Rad am Wagen" gewesen. Kein Rädchen im Getriebe, sondern ein Hinterrad bei Vorderradantrieb? Doch das führt ja nicht aus, sondern läuft mit. Also ein Vorderrad bei Vorderradantrieb? Mithin, wenn schon kein ausführendes, so doch ein getriebenes Rad? Das alles über Holger Pfahls. Der Bayerische Rundfunk und die WELT, die darüber berichteten, können nichts dafür. Da hat wohl der Ex-Minister selbst ein Rad ab.

21.7.05

Ein Fall für www.deppenapostroph.de


Info’s im Netz – Wie sicher sind sie?

fragen sich Frank Hommel-Bytyqi und Christoph Meichsner auf einer Site der Universität Leipzig (Stand 21.7.05).

Dass diese Überschrift ein Fall für deppenapostroph.de ist – geschenkt. Aber dass bei soviel erhobenem Zeigefinger

„Das oberstes Gebot für den verantwortungsbewussten Journalisten heißt: Recherchiere sorgfältig. Überprüfe alle deine Informationen: Stimmen Sie auch?“

ein Schlampigkeitsfehler den anderen jagt, ist ärgerlich. Das oberste Gebot wurde nicht eingehalten, ich stimme nicht, und auch nicht zu!

„Nicht umsonst hat de Deutsche Presserat die Sorgfalt der Recherche in seinen Pressekodex übernommen.“ Abbe de Stern seine nich:

„Schon vor dem Siegeszug des Internet wurde diese Regel oft gebrochen. Mitunter sorgten spektakuläre Faschmeldungen für Furore. Der Stern etwa behauptete 1983, Hitler-Tagebücher seien in seine Besitz.“

Ob bei den Faschmeldungen das „o“ vergessen wurde? Tipp an die Universität Leipzig, Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft, Abteilung Journalistik: nicht nur "de Info’s" überprüfen, sondern auch den eigenen Text.

16.7.05

Wässrige Vision mit Anforderungen


„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, soll Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt einmal gesagt haben. Was aber, wenn einer „wässrige Visionen“ hat? Noch dazu welche „mit Anforderungen“, wie die Leipziger Volkszeitung am 15. Juli schreibt? Rätselhafter, schlüpfriger Osten! Der metaphernverliebte Autor lässt dann auch noch eine Landschaft eine Seenplatte in den Schatten stellen – da wird es rasch kühl:

„Borna. Sachsen im Jahr 2020. Die Seenlandschaft im Südraum Leipzig hat die Mecklenburger Seenplatte längst in den Schatten gestellt. An den Ufern der Tagebaurestseen sind Hotels und Ferienanlagen gen Himmel geschossen.“

... und weg sind sie. So ist das mit Visionen!

„Der Freistaat hat sich mit der Einnahmequelle Tourismus komplett saniert. Eine Vision, die nicht ausschließlich Träumerei bemimt.“

Hier leidet die Verständlichkeit doch ein wenig. Nicht ausschließlich Träumerei bemimt?? Gebannt folgen wir der Erläuterung:

„(...) Alles Zukunftsmusik. Zunächst wird sich die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) darauf konzentrieren, Investoren für eben jene visionäre Hotel- und Erholungsmetropole zu gewinnen.“

Jetzt ist es die Metropole selbst, die visionär ist – immer noch besser als ein visionärer Staatssekretär.

„Im Klartext: Um die Erledigung des Verwertungsauftrages der LMBV zu erleichtern, wurde das Eckpunktepapier erarbeitet, das die Übernahme der Bergbauseen durch den Freistaat vorsieht (die LVZ berichtete).“

Ach so. Gut, dass es den Klartext gibt, sonst würden wir gar nichts verstehen! Außerdem gibt es hier scheuchende Lasten:

„Die Unterhaltungslasten für die Gewässer hatten Investoren bislang verscheucht. Die trägt dann der Freistaat.“

Die Investoren nämlich. Das hatten wir uns in Sachsen ohnehin so vorgestellt. Das Ganze ist

„(...) aus Sicht des Staatssekretärs eine "der besseren Möglichkeiten, möglichst viele private Gelder und Investoren in die Region zu ziehen." Und es habe freilich nichts damit zu tun, dass sich "der Freistaat Seegrundstücke in 1a-Lage sichern will", so Habermann mit einem Augenzwinkern.“

Also doch!

6.7.05

Kurioser dpa-Unfall

Das hier lese ich in der "Süddeutschen":

Ein Ultraleichtflugzeug landet auf einem Autodach, der Autofahrer bremst - und vom Dach des Autos fällt ein Motorsegler. Leute, es passieren noch Wunder! Ja sag mal, DPA: ist für ein solches Ereignis die Überschrift "Kurioser Flugunfall - Himmlischer Raser" nicht ein wenig mager? Wäre nicht angemessener zu schreiben: "Wunder-Porsche: Ultraleichtflugzeug wird zu Motorsegler!" Verkauft sich doch gleich viel besser. Und kann nicht jemand am Ort des Geschehens eine Pilgerstätte einrichten? Kann der Porsche auch übers Wasser fahren - und es nebenbei in Wein verwandeln? Das wären die Informationen, die uns interessiert hätten. (Nein, den Kalauer mit dem Märtyrer und dem Mehrtürer spare ich uns.)

Außerdem, liebe DPAlinge, ergeben sich aus der Schlußsequenz der Meldung einige Fragen an Sender Eriwan:

Frage: Kann man in Bitburg vergessen, den Tower zu kontaktieren?
Antwort: Im Prinzip ja - denn es gibt gar keinen Tower, den man kontaktieren könnte.

Frage: Kann man in Bitburg mit Landeerlaubnis landen?
Antwort: Im Prinzip nein: Ohne Tower gibt es auch keine Landeerlaubnis.

Deshalb berichtet ihr sehr richtig, dass der Pilot den Tower nicht kontaktiert hat und keine Landeerlaubnis hatte.
Nicht-existierende Dinge kann man nämlich weder kontaktieren, noch besitzen.

Und weil man nicht-existierende Dinge nicht besitzen kann, kann ich mir den Satz: "der Verfasser der Meldung besitzt keinen journalistischen Sachverstand" eigentlich sparen.

1.7.05

Schwarzer Peter

Lieber Yan Hoffman, der Sie mich unbekannterweise angeschrieben haben mit

> Wenn Sie mehr Geld, mehr Sicherheit und mehr Freiheit haben mochten, dann
> kann das der wichtigste Brief fur Sie sein, den Sie in Ihrem Leben gelesen
> haben.

Und hier ist die wichtigste Antwort fur den Ubersetzungsautomaten (Göögle? Bäbelfüsch?):

> Sie werden erfahren, wie ich habe... wie Sie werden... das in Wirklichkeit
> bringen, "mit Ihrem PC zu arbeiten und die Bezahlung fur einen vollen
> Arbeitstag erhalten".

Werden Sie haben sagen erfahren, wie lang unsereiner arbeiten muss, um einen Tagessatz zu erhalten?

> Was wichtig fur Sie zu begreifen ist, dass es unter viel Mull nur wenig Edelsteine gibt.

Unter Mull hätte ich in der Tat nicht danach gesucht. Zum Gluck bin ich gerade nicht verletzt.

> Das vollendete, einfache im Gebrauch System, das Sie einfach "einschalten",
> um Extrabucks zu bekommen.

Das englisch-deutsche Wörterbuch von leo.org teilt mit, dass "to pass the buck to s.o." auf deutsch heißt: jemandem den schwarzen Peter zuschieben". Ich habe sehr den Eindruck, Sie, lieber Yan Hoffman, schieben mir grade einen Extra-Schwarzen-Peter zu. Danke für die offene Warnung!

Falls Sie hingegen gemeint haben, ich solle "make a fast buck" (einen schnellen Dollar machen), widersprechen Sie sich gleich im nächsten Absatz:

> Wenn Sie unser Team anschliessen, bekommen Sie das volle Instrumentarium
> der Trainings und der Unterstutzung von De-payments. Nichts wird dem
> Selbstlauf uberlassen. Alles ist vorgesehen.
> Ausgaben!

Diese zweite Warnung ist wirklich hilfreich. Nein, ich schließe Ihr Team lieber nicht an. Please stay disconnected!